VERGANGENHEIT

Ein kleines Haus droht verloren zu gehen

Fast 300 Jahre alt,
knapp 20 m² klein.

Über Generationen haben sich die Bewohner liebevoll darum gekümmert. 

Oft eher arme Leute, Häcker, einfache Handwerker, Taglöhner, Hausierer, Witwen.

Bunt bemalte Putzreste geben davon Zeugnis ab.

Doch für größere Sanierungen fehlte meist das nötige Geld...

Schleichend hat sich der Zustand derart verschlechtert, dass dieses einzigartige Kleinod am Oberen Kaulberg in der Welterbestadt Bamberg zu verschwinden droht.

  • Die Bauzeit (1728-1786)

    Es war wohl ein Häcker namens Christoph Ruppert, der hier zwischen 1728 und 1731 ein erstes Haus errichtete und als „klein Nebenhäuslein“ an den Maler Joseph Lang veräußerte. Die dendrochronologische Untersuchung ergab, dass das heutige Fachwerk um 1754 entstand. 

  • Margaretha Lang, die späte Hochzeiterin (1786-1859 - mit Unterbrechung)

    Es finden sich spannende Geschichten, wie die von Margaretha Lang (*1786 †nach 1845), die wohl zu den Kindern gehörte, die in dem Häuschen geboren wurden und als eines von 7 (!) Kindern eines Häckerpaars dort aufwuchs. Als sie zwischen 9 und 18 Jahre alt war, scheint die Familie ausgezogen zu sein - jedoch sollte sie im Alter von 47 Jahren zurück kehren, um ihr Elternhäuschen zu kaufen. 


    Im fortgeschrittenen Alter von 59 Jahren heiratete sie. Mit ihrem bescheidenen Vermögen aus dem Haus im Wert von 400 Gulden und weiteren 500 Gulden an Erspartem rettete sie durch diese Ehe den Zimmergesellen Georg Krapp. Er hatte sechs Jahre zuvor seine Frau verloren, seine sieben mittlerweile jugendlichen Kinder großgezogen und war darüber verarmt. Insgesamt verbrachte Margaretha wohl die längste Spanne an Lebensjahren in diesem kleinen Haus.


  • Werner Thaler, der Totengräber (1804-1827)

    In der Zeit zwischen Margarethas Kindheit und ihrem Wiedereinzug findet sich mit Werner „Bernard“ Thaler (†1828) eine besonders fantasieanregende Persönlichkeit in den Annalen. Auch er war Zimmergeselle, allerdings war er daneben als Totengräber tätig - naheliegenderweise wohl am damals vor der Laurenzikapelle liegenden Friedhof im ehemaligen Antonisiechhof. Auch als Kalkant, also als Betätiger des Blasebalgs an der Kirchenorgel (wohl der Oberen Pfarre), wurde er verzeichnet. 

  • Barbara Christel und die drei Ehemänner (1892-1926)

    Als dritte bemerkenswerte Eigentümerin sei Barbara Christel (*1852 † nach 1927) erwähnt, die in den etwa 34 Jahren, in denen sie im „Predigtstuhl“ wohnte, drei Ehemänner überlebte.


        1892-1902 Konrad Knörr, Hausierer

        1903-1908 Georg Walz, Fabrikarbeiter

        1912-1926 Johann Merklein, Rentner

  • Maria Hack und der Bombenkrieg (1932-1966)

    Die frühere Köchin Maria Hack (*1890 †1966) erlebte im Zweiten Weltkrieg in dem Häuschen. 


    Am Donnerstag, 22. Februar 1945 war ein wolkenloser, sonniger Tag. Bisher hatte von Bombenangriffen in der Region vor allem aus Nürnberg vernommen, dessen Brand man in den Nächten zuvor als roten Schein am Himmel erahnen konnte. Nun aber, sollte auch Bamberg heimgesucht werden. Auch das unmittelbare Umfeld des Kaulbergs. Die Laurenzikapelle wurde zerstört, ebenso die Nachbarhäuser. Es gibt ein eindrucksvolles Fotos des Häuschens, wie es die Trümmer seiner Nachbarn wie eine Buchstütze hält. Es selbst, hatte die Zerstörung nur haarknapp wie durch ein Wunder überstanden.

  • Die jüngste Verangenheit

    Neben dem Major der 17er Reiter Max Biber und seiner Frau Friedl, in deren Zeit der letzte größere Umbau fiel und die es bis zu ihrem Tod 1993 besaß, sei schließlich die „Schulbiene“ Ilona Munique erwähnt, die das Häuschen in Friedls Sinne zuletzt umsorgte, ehe sie es vertrauensvoll in die Hände der Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg gab.

  • Die Liste der Besitzer

    Bisherige Eigentümer, soweit bislang bekannt :


    1728-1731 Christoph Ruppert, Häcker

    1731-1736 Joseph Lang, Maler

    1736-1749 Johann Krapp

    1749-1750 Barthes Krapp

    1750-1760 Friedrich Koch, Dachdecker

    1760-1773 Kunigunda Betz, spätere Stretz

        1760-1764 Georg Betz, Ehemann 1

        1765-1773 Conrad Stretz, Häcker, Ehemann 2

    1773-1781 Johann Knorz, Taglöhner

    1781-um 1785? Margaretha Knorz, geb. Beck

    um 1785-1795? Johann Lang, Häcker (nur zur Miete?)

    bis 1804 Kaspar Wachter, Taglöhner

        und Theresia Wachter geb. Burkard, seine Ehefrau

    1804-1827 Werner „Bernard“ Thaler, Zimmergesell,  

        Totengräber und Kalkant (Balgtreter der Orgel)

    1827-1832 Franz Korb, Häcker und Maurergesell

    1833-1845/59 Margaretha Lang, verh. Krapp

        1845-1859 Georg Krapp, Zimmergeselle

    1859-1872 Barbara Brust, Taglöhnerin

    1872-1878 Georg Brust, Häcker

    1878-1882 Nikolaus Nüßel, Schneidermeister

        und Barbara Nüßel geb. Pfaffenberger, seine Ehefrau

    1882-1892 Georg Brust, Häcker, Fabrikarbeiter

        und Barbara Brust geb. Söhnlein, seine Ehefrau

    1892-1926 Barbara geb. Christel und deren Ehemänner:

        1892-1902 Konrad Knörr, Hausierer

        1903-1908 Georg Walz, Fabrikarbeiter

        1912-1926 Johann Merklein, Rentler

    1926 Johann Knörr, Militärpensionist

    1927-1932 Erbengemeinschaft Knörr

    1932-1966 Maria Hack, Köchin, Rentnerin

    1967-1993 Max und Friedl Biber, Majorsehepaar

    1993-2005 Stephan und Claudia Steiner

    2005-2019 Ilona Munique, Dipl. Erwachsenenbildnerin

    Seit 2019 Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg e.V.

  • Die Relikte

    Zu den spannendsten erhaltenen Zeugnissen gehören die Putze an den Wänden. Hier haben sich über Generationen Schichten bewahrt. Sie zeigen, wie sich auch einfache Leute trotz ihrer begrenzten Mittel mithilfe von Farben, Schablonen und Malereien ihr Heim schön gestalteten.

  • Die Herausforderungen

    So erfreulich so Geldmangel sein kann, wenn dadurch die historischen Putze als Relikte die Zeit überdauerten, so schädlich war er für den Rest des Hauses.


    Nicht zuletzt haben die Schäden im 2. Weltkrieg, ein undichtes Dach, eine problematische Verkleidung mit Betonfaserplatten um 1970 und die Verwahrlosung der letzten Mieterin haben dem Haus arg zugesetzt.


    Heute kann das Haus nur durch eine umfassende und behutsame Sanierung noch gerettet werden. 

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